Saturday, October 13, 2012

-# Nietzsches Denkweg: Theologie-Darwinismus-Nihilismus






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  • Veröffentlicht am: 2006-04-01
  • Einband: Gebundene Ausgabe
  • 601 Seiten

Kundenrezensionen

Hilfreichste Kundenrezensionen

13 von 13 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
5Ungewöhnlich und außerordentlich empfehlenswert - sogar für Theologen
Von ichthys-Redaktion
Ein in vielfacher Hinsicht außerordentliches Werk ist erschienen! Legt eure Griechischvokabeln, Predigtmeditiationen, Lehrwerke des Behaviourismus oder Einleitungsbücher einen Moment zur Seite und lest mit betendem Herzen und wachem Geist dieses Buch! Ein Buch, mit dem die Verfasserin uns inmitten einer der größten denkerisch-geistigen und zugleich geistlichen Kämpfe führt, der zugleich von höchster Aktualität ist! Das gilt nicht nur im wissenschaftlichen Bereich, sondern für viele Begegnungen des Alltags mit Menschen, denen historische Kritik, Evolutionismus und Nihilismus zum Normalglauben geworden sind, ja auch für den Kampf in unserem eigenen Herzen. Denn in Nietzsche haben wir einen in höchstem Maße mit Gott ringenden und zunehmend verzweifelnden Menschen vor uns, der die geistlichen und geistigen Verluste seines Lebens nicht gelassen hinnimmt, sondern der in tiefsten Qualen mit ihnen ringt. Zugleich ist die Verfasserin nicht nur vorzügliche Referentin Nietzsches und der Forschungen zu ihm, sondern nimmt die Leser mit hinein in dieses Ringen um Gründe und Motive seines Gottesverlustes.Von der ersten bis zur letzten Seite dieses Textes wird der Leser von der Frage begleitet, wie er selbst in seinem Ringen vor Gott steht, vor dem lebendigen Gott, der in unserem Herrn Jesus Christus Fleisch geworden ist. Solch ein Nietzsche-Buch ist in dieser Weise etwas ganz und gar Neues. Zugleich gibt die Verfasserin damit zu erkennen, dass sie nicht nur jahrzehntelang in unermüdlicher Arbeit zu Nietzsche, seinen "Gegnern" aus der idealistisch-christlichen Vergangenheit geforscht hat und uns hiermit eine reife Frucht aus Forschung und Lehre mitteilt. Sie kann uns auch deshalb so gut in die Tiefendimension des Ringens Nietzsches hinein führen, weil sie selbst dieses lebens- und geistesgeschichtliche Drama Nietzsche mit den Augen des Glaubens an Jesus Christus zu sehen vermag. Damit ist sie zugleich so nah bei Nietzsche wie keine zweite Deutung, nicht in dem Sinne, dass sie ihm in allem zustimmen würde - das weisen auch etliche klügere Nietzsche- Deuter vor ihr vehement zurück, sondern sie gibt uns den Schlüssel, wodurch es zu diesen grundstürzenden Umbrüchen in Nietzsches Denken und Leben gekommen ist und zu welchem Ende es letztlich geführt hat und führt Gleichwohl geschieht dies nicht von oben herab, sondern als mit Nietzsche ringende Gesprächspartnerin. Damit ist sie aber eben auch nahe an den Problemen und Fragen, mit denen heute viele Menschen ringen. Der Rezensent schätzt sich glücklich, in dieser Hinsicht seit seinem Studium von Lehre und Forschung der Verfasserin zu profitieren. Gutes empfiehlt man gerne weiter, Hervorragendes umso mehr! Nun wird der Rezensent sich hüten, dieses ganze Werk in wenigen dürftigen Zeilen zusammen fassen oder schon all dessen Geheimnisse verraten zu wollen wie die Entscheidungsfrage, auf die es zuläuft - das alles möge der geneigte Leser doch bitte selber erforschen. Tolle, lege! Denn schöner als die Bilder vom Gipfel anzuschauen ist es allemal ihn selber zu besteigen. Daher mögen einige kurze Hinweise genügen.Die Verfasserin entfaltet in der Einleitung einen guten Überblick, um in gleicher Weise Experten wie Neulinge ins Thema einzustimmen und auf den Weg mit Nietzsche mitzunehmen. Besonders hilfreich ist hier eine meisterhafte Skizze von Nietzsches Denkentwicklung, die in nuce wichtige Entwicklungsstadien Nietzsches vorstellt und damit natürlich auch schon eine bemerkenswerte eigene Schwerpunktsetzung und Weichenstellung der Verfasserin deutlich macht: Sie nimmt für ihre Deutung den Ausgangspunkt Nietzsches, seine Kindheit und Jugend im Pfarrhaus bis hin zu seinem persönlichen Christusbekenntnis ernst. Erst daraus wird wirklich verständlich, warum Nietzsche solche abgründigen Verlusterfahrungen durchleidet. Er ringt dabei zunächst einmal als ein Mensch, der wieder festen Boden unter den Füßen sucht. Begonnen hat der Verlust mit der historischen Kritik der klassischen Autoren, die wie selbstverständlich bei den biblischen Schriften fort gesetzt wurde. Leidenschaftlich kämpft er danach gegen die leidenschaftslose historische Radikalkritik des David Friedrich Strauß, die seinerzeit die Theologie in helle Aufregung und emsige Apologetik versetzte. Für Strauß hat Nietzsche nur Verachtung übrig, er kämpft mit ihm und muss ihm dennoch irgendwann unterliegen. Mit denjenigen, die die Radikalkritik von Strauß durch eine "gemäßigte" Kritik zu heilen versuchen, geht Nietzsche schonungslos ins Gericht; wer die biblischen Texte seziert, zerstört sie und vernichtet ihre Kraft und ihr Leben - die vermeintlichen Retter werden so zu leidenschaftslosen Buchhaltern des Unterganges des Christentums. Das Ringen um die historische Kritik, Nietzsches vielfach treffende Diagnosen und der damit gleichwohl verbundene Glaubensverlust lassen den Leser das Buch nur ungern aus der Hand legen, es sei denn, um den einen oder anderen begleitenden Blick in die Schriften Nietzsches zu werfen. Wer Theologie studiert (hat), sieht hier die ganzen Fragen der historischen Kritik bis in die Gegenwart meisterhaft diagnostiziert, dass einen nachdrückliches- engagiertes oder auch ganz pragmatischlustloses Beharren auf historischer Kritik heutzutage nur verwundern kann. An Nietzsche zeigt die Verfasserin zugleich: Eine gute, treffende Diagnose ist notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung für eine angemessene und erfolgreiche Therapie.Ein weiterer, für die Theologenschaft besonders denkwürdiger Schritt Nietzsches ist damit gegeben, dass Darwins Entwicklungslehre in sein Leben tritt. Die Verfasserin macht durch die Bezüge auf die evolutionäre Erkenntnistheorie und Ethik deutlich, dass bei Nietzsche in vielfältiger Weise die Schritte unserer Zeit vorweg genommen werden, die heute Stück für Stück zu Ende gedacht und dann auch praktiziert werden. Die auch von Theologen heute fast völlig selbstverständlich aufgenommene Evolutionslehre wird im Ringen Nietzsches in ihrer ganzen Tragweite deutlich: Der Verlust der Teleologie, der Ziel- und Zweckhaftigkeit unserer Welt, führt dazu, den Menschen nicht mehr an der Ebenbildlichkeit Gottes, sondern an der Tierwelt zu messen. Nietzsche diagnostiziert dabei nicht nur den Werteverfall, sondern wird zunehmend auch zum Propheten des Werteverfalls, der ihn voran treibt. Wieder erleben wir Nietzsche in der Darstellung der Verfasserin als Trauernden über das Verlorene, zugleich aber auch als unermüdlich und rücksichtslos vorwärts Schreitenden.Gottesverlust, Gottesersatz, Tod Gottes und der vergöttlichte Mensch sind schließlich geboren aus einem leidenschaftlichen und völlig Kräfte zehrenden Kampf Nietzsches gegen Christus, Gott und das Christentum insgesamt, ein zutiefst verwundetes Abarbeiten an der Theodizeefrage und dem biblischen Hiob. "Ewige Wiederkehr" wird Nietzsches Fels des Atheismus gegen die klassische abendländische Metaphysik und den christlichen Glauben.Zu den Folgen für den Menschen schreibt die Verfasserin: "Das Ungültigwerden aller Maßstäbe, die nicht mehr um Urmaß des Guten geeicht sind, Gut, Böse, alles wird relativ, illustriert Nietzsche in seiner Bedeutungsschwere durch ein Auseinanderbrechen des Kosmos: paradox wird von ihm das 'unendliche Nichts' beschworen, der Vorgang ist atemberaubend; es versagen die Kategorien der Beschreibung, die eine Auflösung von Allem in Nichts aussagen sollen; das Universum implodiert oder explodiert; existentiell geschieht, wie in Hölderlins Schicksalslied des Hyperion, ein unaufhaltsames heilloses und ungewisses Fallen ohne Halt" (483).Im Hinblick auf die letzte Schaffenszeit Nietzsches zeigt die Verfasserin auf dem Hintergrund des Darwinismus die letzten Konsequenzen auf, zu denen ein solches Denken führt: Weg von einem christlichen Ausgleich von starken und schwachen Menschen und Lebewesen der Schöpfung, ja von der Unterstützung für schwache Menschen weg hin zu einer bedingungslosen Vergötzung des starken und Verachtung alles schwachen Lebens. Biographisch begleitet wird diese Zeit durch den Kontrast einer irrsinnigen Selbstüberschätzung und seiner immer offener zutage tretenden geistigen und körperlichen Schwächen. Die Selbstdeutung sowie die rückblickende Einschätzung seiner Werke erreichen schwindelnde Höhen. Vom Anfang bis zum Ende räumt die Verfasserin dem Zusammenhang von Lebensdramatik und kämpfendem Werk bei Nietzsche einen sehr hohen Stellenwert ein. Fazit: Ein ungewöhnlich und außerordentlich empfehlenswertes Werk, nicht nur für philosophisch, sondern auch theologisch und an treffender geistlicher Diagnose interessierte Leser!Thomas JerominIchthys 42 (2006), 100-102

6 von 6 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
5Fesselnde Darstellung eines dramatischen Denkerlebens: E.Düsings Nietzsche-Monographie
Von Christian Zeuch
Überblickt man die labyrinthische Vielfalt der Nietzscheliteratur, dann mag man kaum glauben, daß noch Darstellungen zu diesem Philosophen möglich wären, die einem wesentlich neue Ein- und Ausblicke eröffnen könnten.Dieses Vorurteil widerlegt Düsings Buch auf das Nachdrücklichste. In einer ungemein kenntnisreichen und belesenen Weise stellt sie Nietzsches Denken in dessen Vielfalt und inneren Einheit dar, ohne deshalb einer wissenschaftlichen Begriffshuberei zu verfallen, die die Lektüre von Fachliteratur oft so unerquicklich werden läßt. Ihr Buch ist daher sowohl für den Fachmann wie auch für Philosophieinteressierte geeignet, die sich einen Gesamtüberblick zu Nietzsche verschaffen wollen.Düsing zeigt, daß und wie die Konfrontation mit der historisch-kritischen Bibelkritik und der darwinistischen Sicht auf das Leben Nietzsche zu einem der radikalsten und zugleich tiefdringensten Diagnostiker des modernen Europas machten. Besondere Dramatik, ja Tragik erhält dieser Denkweg dadurch, daß Nietzsche, wie Düsing aufweist, nie aufgehört hat, die christlich-teleologische Sicht der Welt aufzugeben, obwohl die Redlichkeit seines Denkens ihm eben dies aufnötigte: Diesen Widerspruch zwischen der 'Ordnung des Herzens' und der 'Ordnung der Vernunft' hat Nietzsche als Philosoph und Mensch mit rücksichtsloser Konsequenz und Folgerichtigkeit gelebt.In den drei Teilen ihres Buches - Theologie, Darwinismus, Nihilismus - zeigt Düsing die Stationen dieses spirituellen Ringens und dessen Konsequenz auf: Der Nihilismus, den Nietzsche am Ende seines Denkweges diagnostiziert und analysiert, ist das Ziel, das seine vielfältigen Denkanstrengungen innerlich eint. Wenn die historische Bibelkritik in ihrer sezierenden Betrachtung die Offenbarung als bloß menschengemacht offenlegt und die darwinistische Sicht auf die Welt die Natur im Ganzen als ein brausendes, zweckloses Chaos zeigt, das immer neue Gestalten ohne Sinn und Vernunft aus sich entläßt, dann muß das alteuropäsche Bild vom Menschen als eines zu Gott hin geschaffenen Wesens verabschiedet werden. Nietzsche zeigt, daß die Konsequenzen dieses Unterganges unsere Kultur im Ganzen betreffen und unsere Lebensweise in ihren feinsten Verästelungen in Mitleidenschaft ziehen müssen.Düsings Buch ist nicht zuletzt deshalb besonders zu empfehlen, weil sie in ihm die dogmatischen Verhärtungen des späten Nietzsche klar benennt und auf deren Brisanz hinweist: Wenn der Mensch zum Subjekt seiner Geschichte wird und sich selbst evolutioniert, dann wird er sich notwendig zum Material für einen, an einem fragwürdigen Ideal der Stärke und der Lebensintensität ausgerichteten Produktionsprozess. Die Überzeugung von der Wahrheit des Darwinismus läßt Nietzsche keine andere Wahl, als den für ihn unerträglichen Zustand des Nihilismus durch diese quasi darwinistische Utopie vom 'besseren' Menschen zu überwinden.Im Unterschied zur herkömmlichen Nietzsche-Literatur, die diesen Aspekt ausblendet oder herunterspielt, läßt Düsing keinen Zweifel daran, daß eine konsequente Umsetzung dieses Modells zu einer totalitären Hölle führen muß, deren Vorspiel der dt.Faschismus gewesen ist. Düsing favorisiert demgegenüber den 'mittleren' Nietzsche, der in einem suchenden und bohrenden Fragen die Gründe und Abgründe der europäischen Krankheit sondiert und bewußt macht. Gerade darin ist er der vielleichst wichtigste Aufklärer der Moderne.Trotz der eminenten Qualitäten ihres Buches zeigt sich doch auch die Grenzen einer allein historisch-beschreibenden Betrachtung nicht zuletzt hinsichtlich des o.g.Problems: Düsing lehnt zwar die Konsequenz des späten Nietzsche vehement ab, ohne jedoch Gründe benennen zu können. Diese Lücke wird umso schmerzhafter spürbar, wenn man bedenkt, daß Nietzsches Traum vom Übermenschen gerade durch seine fulminante Kulturdiagnostik fundiert ist. Wie soll die Falschheit seines Ideals vom besseren Menschen erwiesen werden, wenn die Voraussetzungen für eine solche Kritik im Prozess ihrer Vergeschichtlichung ihre Substanz verloren haben? Läßt sich an dem alteuropäischen Menschenbild begründet festhalten, ohne hinter das Niveau von Nietzsches Problembewußtsein zurückzufallen? Düsings Eintreten für eine 'Logik des Glaubens' am Schluss ihres Buches überzeugt nicht: Dieser Weg in die christliche Spiritualität mag für Einzelne sicher auch heute noch gangbar sein - eine geschichtsmächtige Kraft für die geistige Identität Europas kann sie jedoch nicht mehr sein. Die Zeiger der geschichtlichen Weltuhr lassen sich nicht mehr zurückdrehen: 'Gott ist tot -Gott bleibt tot'. Dieses bittere Wort des leidenschaftlichen Gottsuchers Nietzsche bezeugt die Irreversibilität des Geschichtsprozesses. Gerade Düsing hat in ihrer plastischen Darstellung dieses Denkweges dessen innere Konsequenz und damit Begründetheit aufgewiesen. Ihr Eintreten für den Glauben erscheint daher wie ein Zurückweichen vor der Herausforderung, die dieses Denken für uns heute darstellt. Es steht zu befürchten, das die Epoche, die Nietzsche prognostiziert, gerade erst anbricht. Eben deshalb ist der Provokation 'Nietzsche' nicht durch religiöse Überzeugungsbekundung, sondern nur durch systematisch argumentierende Philosophie zu begegnen.

2 von 2 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
5absolut empfehlenswert
Von Anchesenpatom-ara`
Ein in vielfacher Hinsicht außerordentliches Werk ist erschienen!. - Legt eure Griechischvokabeln, Predigtmeditiationen, Lehrwerke des Behaviourismus oder Einleitungsbücher einen Moment zur Seite und lest mit betendem Herzen und wachem Geist dieses Buch! Ein Buch, mit dem die Verfasserin uns inmitten einer der größten denkerisch-geistigen und zugleich geistlichen Kämpfe führt, der zugleich von höchster Aktualität ist!. Das gilt nicht nur im wissenschaftlichen Bereich, sondern für viele Begegnungen des Alltags mit Menschen, denen historische Kritik, Evolutionismus und Nihilismus zum Normalglauben geworden sind, ja auch für den Kampf in unserem eigenen Herzen. Denn in Nietzsche haben wir einen in höchstem Maße mit Gott, dem "göttlichen Pärchen" ringenden und zunehmend verzweifelnden Menschen vor uns, der die geistlichen und geistigen Verluste seines Lebens nicht gelassen hinnimmt, sondern der in tiefsten Qualen mit ihnen ringt. Zugleich ist die Verfasserin nicht nur vorzügliche Referentin Nietzsches und der Forschungen zu ihm, sondern nimmt die Leser mit hinein in dieses Ringen um Gründe und Motive seines Gottesverlustes.Von der ersten bis zur letzten Seite dieses Textes wird der Leser von der Frage begleitet, wie er selbst in seinem Ringen vor dem "göttlichen Pärchen" steht. Solch ein Nietzsche-Buch ist in dieser Weise etwas ganz und gar Neues. Zugleich gibt die Verfasserin damit zu erkennen, dass sie nicht nur jahrzehntelang in unermüdlicher Arbeit zu Nietzsche, seinen "Gegnern" aus der idealistisch-christlichen Vergangenheit geforscht hat und uns hiermit eine reife Frucht aus Forschung und Lehre mitteilt. Sie kann uns auch deshalb so gut in die Tiefendimension des Ringens Nietzsches hinein führen, weil sie selbst dieses lebens- und geistesgeschichtliche Drama Nietzsche mit den Augen des Glaubens an das "göttlichen Pärchen" zu sehen vermag. Damit ist sie zugleich so nah bei Nietzsche wie keine zweite Deutung, nicht in dem Sinne, dass sie ihm in allem zustimmen würde - das weisen auch etliche klügere Nietzsche-Deuter vor ihr vehement zurück, sondern sie gibt uns den Schlüssel, wodurch es zu diesen grundstürzenden Umbrüchen in Nietzsches Denken und Leben gekommen ist und zu welchem Ende es letztlich geführt hat und führt. Gleichwohl geschieht dies nicht von oben herab, sondern als mit Nietzsche ringende Gesprächspartnerin. Damit ist sie aber eben auch nahe an den Problemen und Fragen, mit denen heute viele Menschen ringen.Die Verfasserin entfaltet in der Einleitung einen guten Überblick, um in gleicher Weise Experten wie Neulinge ins Thema einzustimmen und auf den Weg mit Nietzsche mitzunehmen. Besonders hilfreich ist hier eine meisterhafte Skizze von Nietzsches Denkentwicklung, die in nuce wichtige Entwicklungsstadien Nietzsches vorstellt und damit natürlich auch schon eine bemerkenswerte eigene Schwerpunktsetzung und Weichenstellung der Verfasserin deutlich macht: Sie nimmt für ihre Deutung den Ausgangspunkt Nietzsches, seine Kindheit und Jugend im Pfarrhaus bis hin zu seinem persönlichen Christusbekenntnis ernst. Erst daraus wird wirklich verständlich, warum Nietzsche solche abgründigen Verlusterfahrungen durchleidet. Denn daran wird man früher oder später scheitern. Er ringt dabei zunächst einmal als ein Mensch, der wieder festen Boden unter den Füßen sucht. Begonnen hat der Verlust mit der historischen Kritik der klassischen Autoren, die selbstverständlich bei den biblischen Schriften fortgesetzt wurde. Leidenschaftlich kämpft er danach gegen die leidenschaftslose historische Radikalkritik des David Friedrich Strauß, die seinerzeit die nur-weltlich orientierte Theologie in helle Aufregung und emsige Apologetik versetzte.Für Strauß hat Nietzsche nur Verachtung übrig, er kämpft mit ihm und muss ihm dennoch irgendwann unterliegen. Mit denjenigen, die die Radikalkritik von Strauß durch eine "gemäßigte" Kritik zu heilen versuchen, geht Nietzsche schonungslos ins Gericht; wer die biblischen Texte seziert, zerstört sie und vernichtet ihre Kraft und ihr Leben - die vermeintlichen Retter werden so zu leidenschaftslosen Buchhaltern des Unterganges des Christentums. Das Ringen um die historische Kritik, Nietzsches vielfach treffende Diagnosen und der damit gleichwohl verbundene Glaubensverlust lassen den Leser das Buch nur ungern aus der Hand legen, es sei denn, um den einen oder anderen begleitenden Blick in die Schriften Nietzsches zu werfen. Wer Theologie studiert hat studierte MONOTHEOLOGIE(hat), und sieht hier die ganzen Fragen der historischen Kritik bis in die Gegenwart meisterhaft diagnostiziert, dass einen nachdrückliches-engagiertes oder auch ganz pragmatisch-lustloses Beharren auf historischer Kritik heutzutage nur verwundern kann. An Nietzsche zeigt die Verfasserin zugleich: Eine gute, treffende Diagnose ist notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung für eine angemessene und erfolgreiche Therapie. Ein weiterer, für die Theologenschaft besonders denkwürdiger Schritt Nietzsches ist damit gegeben, dass Darwins Entwicklungslehre in sein Leben tritt. Die Verfasserin macht durch die Bezüge auf die evolutionäre Erkenntnistheorie und Ethik deutlich, dass bei Nietzsche in vielfältiger Weise die Schritte unserer Zeit vorweg genommen werden, die heute Stück für Stück zu Ende gedacht und dann auch praktiziert werden.Die auch von (Mono) Theologen heute fast völlig selbstverständlich aufgenommene Evolutionslehre wird im Ringen Nietzsches in ihrer ganzen Tragweite deutlich: Der Verlust der Teleologie, der Ziel- und Zweckhaftigkeit unserer Welt, führt dazu, den Menschen nicht mehr an der Ebenbildlichkeit des "göttlichen Pärchen", sondern an der Tierwelt zu messen. Nietzsche diagnostiziert dabei nicht nur den Werteverfall, sondern wird zunehmend auch zum Propheten des Werteverfalls, der ihn voran treibt. Wieder erleben wir Nietzsche in der Darstellung der Verfasserin als Trauernden über das Verlorene, zugleich aber auch als unermüdlich und rücksichtslos vorwärts Schreitenden.Gottesverlust, Gottesersatz, Tod Gottes und der vergöttlichte Mensch sind schließlich geboren aus einem leidenschaftlichen und völlig Kräfte zehrenden Kampf Nietzsches gegen Jesus, Gott und das geklaute Christentum insgesamt, ein zutiefst verwundetes Abarbeiten an der Theodizeefrage und dem biblischen Hiob. "Ewige Wiederkehr" wird Nietzsches Fels des Atheismus gegen die klassische abendländische Metaphysik und den christlichen Glauben, der sonders abgekupfert wurde... Zu den Folgen für den Menschen schreibt die Verfasserin: "Das Ungültigwerden aller Maßstäbe, die nicht mehr um Urmaß des Guten geeicht sind, Gut, Böse, alles wird relativ, illustriert Nietzsche in seiner Bedeutungsschwere durch ein Auseinanderbrechen des Kosmos: paradox wird von ihm das 'unendliche Nichts' beschworen, der Vorgang ist atemberaubend; es versagen die Kategorien der Beschreibung, die eine Auflösung von Allem in Nichts aussagen sollen; das Universum implodiert oder explodiert; existentiell geschieht, wie in Hölderlins Schicksalslied des Hyperion, ein unaufhaltsames heilloses und ungewisses Fallen ohne Halt" (483).Im Hinblick auf die letzte Schaffenszeit Nietzsches zeigt die Verfasserin auf dem Hintergrund des Darwinismus die letzten Konsequenzen auf, zu denen ein solches Denken führt: Weg von einem Ausgleich des "göttlichen Pärchen" von starken und schwachen Menschen und Lebewesen der Schöpfung, ja von der Unterstützung für schwache Menschen weg hin zu einer bedingungslosen Vergötzung des starken und Verachtung alles schwachen Lebens. Biographisch begleitet wird diese Zeit durch den Kontrast einer irrsinnigen Selbstüberschätzung und seiner immer offener zutage tretenden geistigen und körperlichen Schwächen. Die Selbstdeutung sowie die rückblickende Einschätzung seiner Werke erreichen schwindelnde Höhen. Vom Anfang bis zum Ende räumt die Verfasserin dem Zusammenhang von Lebensdramatik und kämpfendem Werk bei Nietzsche einen sehr hohen Stellenwert ein. Ein ungewöhnlich und außerordentlich empfehlenswertes Werk, nicht nur für philosophisch, sondern auch theologisch und an treffender geistlicher Diagnose interessierte Leser, und nachgefügt; ich bin keine Christin

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-# Nietzsches Denkweg: Theologie-Darwinismus-Nihilismus Reviewed by Lek on Saturday, October 13, 2012 Rating: 4.5

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